Geschichtsverein Gelnhausen e. V.

Tafel 2 - Rätselhaftes Zollloch

Tafel 2

Rätselhaftes Zollloch

Bildstock und Zollstock

Was ist eigentlich das Zollloch?
Alte Gelnhäuser erzählen von einem Brauch: Wenn sie mit einem Korb Heidelbeeren hier vorbeikamen,

legten sie den Waldgeistern einen Tribut (Zoll) in Form von einigen Beeren ins Loch. Sonst liefen sie Gefahr, dass die Waldgeister ihnen auf der Dürich (dem steilen Hohlweg hinab in die Gelnhäuser Altstadt) ein Bein stellten und ihre Heidelbeeren den Berg hinunter kullerten. Dieser Brauch könnte darauf zurückgehen, dass hier früher Zoll erhoben wurde. Beim Zollloch handelt es sich vermutlich um die Basis eines verloren gegangenen Bild- oder Zollstocks, der früher an dieser Wegekreuzung stand. Schon vor Jahrtausenden verlief hier eine Handelsstraße, die wahrscheinlich von einer zweiten gekreuzt wurde. Bislang wurden keine schriftlichen Quellen gefunden, ob im Mittelalter hier eine Zollstation vorhanden war. Zollstöcke wurden an Handelsstraßen bis etwa in die Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestellt, nicht nur an Grenzen, sondern auch an strategischen Stellen.

Die Fundamente von Kleindenkmälern nennt man „Tiegelsteine“ - hier ein komplettes Exemplar ohne Säule aus dem Odenwald.
Die Fundamente von Kleindenkmälern nennt man „Tiegelsteine“ - hier ein komplettes Exemplar ohne Säule aus dem Odenwald.
Einer der ältesten Zollstöcke im Spessart steht zwischen Rieneck und Gemünden
Einer der ältesten Zollstöcke im Spessart steht zwischen Rieneck und Gemünden

Wegezoll stand den Landesherren zu, die die Einnahmen (leider nicht immer) zur Instandhaltung der Straßen und Wege verwendeten. Davon bezahlte man auch die Amtsknechte und Landvögte, die die Kaufleute im unübersichtlichen Gelände und bei den damaligen schlechten Straßenverhältnissen begleiteten und vor Überfällen zu schützen hatten.

Der Zolllochstein in Nahaufnahme. Rechts eine vermutlich durch Wetzen eingetiefte Schleifmulde.
Der Zolllochstein in Nahaufnahme. Rechts eine vermutlich durch Wetzen eingetiefte Schleifmulde.

Außerdem zollten die Fuhrleute den Gelnhäusern Geld für Vorspanndienste. Wenn das Gespann den steilen Weg nach hier oben nicht allein bewältigen konnte, spannten sie zusätzlich eigene Zugtiere vor. Der Wortteil „Loch” dürfte an dieser Stelle mit einer Gemarkung an der Gelnhäuser Stadtgrenze zusammenhängen, denn „Lochbäume” oder „Lochsteine” markierten früher die Grenzen von Territorien.

Die große Schleifmulde im Zolllochstein im Detail
Die große Schleifmulde im Zolllochstein im Detail

Das Wort „Grenze” kommt aus dem Slawischen und fand erst seit dem 16. Jahrhundert in der deutschen Sprache Verwendung. Rätselhaft sind die offensichtlichen Schleifspuren von menschlicher Hand auf der Oberläche und am äußeren Rand.

Bei Regen stehen die Schleifmulden im Zolllochstein voll Wasser und auch die Außenkanten sind unregelmäßig abgeschliffen, die Innenkanten allerdings nicht. Deswegen muss der Bild-(Zoll)stock beim Schleifen noch gestanden haben. Genaues weiß man nicht. Zwei Vermutungen bieten sich an:

Die historische Postkarte zeigt die Bartenwetzerbrücke in Melsungen, auf der ein Holzfäller seine Barte schleift. Ein Ursprung der Schleifmulde im Zolllochstein könnte vom Bartenwetzen (Schleifen) stammen, wie links an der Schleifmulde an der Bartenwetzerbrücke über die Fulda in Melsungen zu sehen.

Wie in Melsungen an der Bartenwetzerbrücke könnten die Waldarbeiter an diesem Stein ihre Axtschneiden (Barten) geschärft haben; oder: Im Mittelalter war es üblich, an geweihten Orten wie Kirchen oder Kreuzen, Wetzrillen in den Stein zu kratzen. Das so gewonnene Steinmehl hat man vermutlich Arzneien für die Verstärkung der Wirksamkeit zugesetzt.

Schleifmulde an der Bartenwetzerbrücke über die Fulda in Melsungen
Schleifmulde an der Bartenwetzerbrücke über die Fulda in Melsungen
Die historische Postkarte zeigt die Bartenwetzerbrücke in Melsungen, auf der ein Holzfäller seine Barte schleift. Ein Ursprung der Schleifmulde im Zolllochstein könnte vom Bartenwetzen (Schleifen) stammen, wie links an der Schleifmulde an der Bartenwetzerbrücke über die Fulda in Melsungen zu sehen.
Die historische Postkarte zeigt die Bartenwetzerbrücke in Melsungen, auf der ein Holzfäller seine Barte schleift. Ein Ursprung der Schleifmulde im Zolllochstein könnte vom Bartenwetzen (Schleifen) stammen, wie links an der Schleifmulde an der Bartenwetzerbrücke über die Fulda in Melsungen zu sehen.

Andere glauben, man habe dort Schwerter geschliffen oder auch stumpf gemacht, oder der Teufel habe hier aus Wut gekratzt.

Eine andere - ähnliche- These führt die Scharte auf Schleifrillen zurück, wie sie von der Büdinger Marienkirche bekannt sind.
Eine andere - ähnliche- These führt die Scharte auf Schleifrillen zurück, wie sie von der Büdinger Marienkirche bekannt sind.

English

Taxes and duty were not only collected at the town gates, but also at strategic locations outside. Toll landmarks were therefore placed on trade routes. Medieval sovereign princes were entitled to road tolls. Normally the revenue was intended for the maintenance of roads and tracks. Servants and bailiffs were also paid to accompany the merchants through dificult terrain and to protect them against attacks. In addition, the wagoners paid Gelnhausen citizens for the use of extra draught animals for steep inclines. What is the Toll-Hole? Members of old Gelnhausen families tell of a local custom: When they passed the Toll-Hole they put bilberries into it as a tribute or toll for forest spirits. Otherwise they ran the risk that the forest spirits would cause the merchants to stumble on their way down the Dürich, the steep ravine down to the old town. The Toll Hole appears to have been the base of an old stone landmark that formerly stood at this crossroads. Thousands of years ago there was already a trade route here that was probably intersected at this point by a second one.

Francais

Selon la coutume, il fallait y déposer quelques myrtilles en descendant le chemin creux du «Dürich» après la cueillette pour se protéger contre les esprits de la forêt. Cela remonterait-il au péage d’antan et le «Zollloch» aurait-il servi pour le poste de douane à la croisée des routes commerciales. Les taxes perçues servaient à entretenir les routes, à protéger les marchands contre d’éventuels agresseurs et au halage des charrettes sur les chemins escarpés. Les traces de frottement sur le «Zollloch» et le bord extérieur restent un mystère: traces d’aiguisement de hache, au Moyen-Âge obtention de la poudre de roche pour des préparations médicinales ou bien même le diable, dans sa colère, y aurait essayé ses griffes?

© Archäologisches Spessart-Projekt e.V. Der Kulturweg Gelnhausen 4 wurde realisiert im Rahmen des Projekts «Pathways to Cultural Landscapes» mit Unterstützung der AG Kulturweg, Erich Krebs, Dora Georges, May Gieshoff, Daniel Glöckner, Michael Heininger, Trautel Kraehe, Jürgen Steigerwald, Betriebshof-Team Stadt Gelnhausen, Evangelische Marienkirchengemeinde, Hessen Forst, Medien- und Selbstlernzentrum Main-Kinzig, Stadtarchiv Gelnhausen, Verkehrsverein Gelnhausen e.V, Zentrum für Regionalgeschichte MKK, sowie von Heide Altvater, Claus Bergmann M.A., Karl Breidenbach, Prof. Dr. Helmbrecht Breinig, Peter Brill, Bürger für Gelnhausen, Burger King, Eheleute Coy, Culinarum Gabriele und Heiko Franz, Die Dürich-Anlieger, Gerhard Dinges, Dr. Gerd Eidam, Christine Feldhaus, Familien Fischinger, Freie Ritterschaft Friedberg, Geschichtsverein Gelnhausen, Dr. Irina Görner, Achim Gogler, Gerdrut und Heiner Hartmann, Manfred Hendel, Wolfgang Hendel, Werner und Jutta Hessberger, Gebr. Horst Gummiwarenfabrik, Heinrich Horst, Stefan und Pia Horst, Volprecht Kalbleisch, Pfarrer i.R. Kurt Kreis, Werner Kürle, Albert Landschreiber, Familie Lupton, Main-Kinzig-Kreis, Dr. Norbert Manns, Werner Müller, Marga Noll, Rainer Mende, Dr. Kristina Michaelis, Alexander Schopbach, Olaf Seidel, Helga Siegmund, SPD Gelnhausen, Stadt Gelnhausen, Stadtwerke Gelnhausen, Irene Staeves, Stiftung der Kreissparkasse Gelnhausen, Gudrun Stumpp, Bernd Wietzorek.

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