Gelnhäuser und Selbolder Regesten
Gelnhäuser Regesten - Zur Geschichte der Reichsstadt in den Jahren 1170 bis 1400
Die ehemalige Reichsstadt Gelnhausen, im Jahr 1170 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa gegründet, bildete eine der wichtigsten Stützen des Stauferhauses in dessen „terra imperii“, der historischen Wetterau. Im Jahr 1241 stand die Stadt im Zenit ihres Einflusses und rangierte im Reichssteuerverzeichnis dieses Jahres direkt hinter Frankfurt am Main. Im Gegensatz zu Frankfurt gelang es ihr aber nicht, ihre bedeutende Stellung über den Untergang der Stauferherrschaft hinaus zu bewahren. Einen ersten Tiefpunkt ihrer Geschichte bildete die Verpfändung von Pfalz und Burg Gelnhausen an Günther von Schwarzburg durch König Karl IV. im Jahre 1349.
Die Quellenarbeit ermöglicht es dem Wissenschaftler wie dem interessierten Laien, sich einen umfassenden Überblick über die noch erhaltenen Quellen zur Geschichte der Stadt im hohen und späten Mittelalter zu verschaffen. Der Bearbeiter hat zu diesem Zweck nicht nur die in älteren Editionen und Regestenwerken erfassten Archivalien zusammengefasst. Vielmehr wurde auch geprüft, wo sich diese Stücke heute befinden und unter welchen Signaturen in den jeweiligen Archiven sie heute verwahrt werden. Dies war nötig geworden, da in den vergangenen 100 Jahren zahlreiche Archivalien zwischen Archiven getauscht wurden. Andere Stücke sind durch den 2. Weltkrieg unwiederbringlich verloren gegangen. Erschwert wurde die Arbeit durch die Tatsache, daß das Archiv der Stadt Gelnhausen bereits im 30jährigen Krieg weitgehend zerstört wurde. Das Archiv der Burg Gelnhausen konnte der totalen Vernichtung durch eben diesen Krieg zwar entgehen, nahm durch unzulängliche Aufbewahrung und Vernachlässigung in den Folgejahren aber ein ähnliches Schicksal. Noch erhaltene Archivalien zur Geschichte Gelnhausens sind heute über zahlreiche staatliche, kommunale und private Archive zerstreut. Trotz dieser widrigen Umstände gelang es, 1147 Urkunden und Briefe aus den Jahren 1170-1400 zusammenzutragen.
Der Inhalt der Archivalien wurde in Regestenform erfasst. Die Zeugen und Besiegler der Urkunden werden, soweit bekannt, aufgeführt. Es folgt eine Formalbeschreibung des jeweiligen Dokuments mit dem Nachweis der derzeitigen Aufbewahrung, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausfertigungen und deren Verbleib. Anschließend daran werden die wichtigsten Editionen und gedruckten Regestenwerke aufgeführt, in denen die Archivalie abgedruckt wurde.
Gelnhäuser Regesten - Zur Geschichte der Reichsstadt in den Jahren 1400 bis 1500
An der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der ehemaligen Reichsstadt Gelnhausen zusehends. Finanzielle Belastungen aus der Zeit der Städtebünde, eine Flut von Fehden mit Angehörigen niederadliger Familien des Umlandes und eine Klimaverschlechterung zu Beginn des 15. Jahrhunderts waren nur einige der zahlreichen Ursachen, die zum wirtschaftlichen und politischen Abstieg der Stadt führten. Dazu kamen, wie auch in anderen Städten, Auseinandersetzungen zwischen Rat und Zünften, die eine Abwanderung von einflussreichen und kapitalstarken Familien nach Frankfurt am Main zur Folge hatten. Die Weiterverpfändung von Burg und Stadt Gelnhausen an die Grafen von Hanau und Kurpfalz im Jahr 1435 stellte eine weitere Zäsur dar. Zeitgleich versuchte die Gelnhäuser Burgmannschaft (analog zur Reichsburg Friedberg) sich von in ihrer Burgmannschaft vertretenen Dynasten zu emanzipieren. Durch zahlreiche Heiraten zwischen Burgmannen und Gelnhäuser Bürgerstöchtern kamen umfangreiche Besitzungen aus den Händen der Stadt und beschleunigten deren wirtschaftlichen Niedergang.
Mit Abschluss dieser Quellenarbeit liegt nunmehr für die erste der vier ehemaligen Wetterauischen Reichsstädte eine Regestensammlung bis zum Jahr 1500 vor. Wie auch im ersten Band wurden die derzeitigen Aufbewahrungsorte der noch erhaltenen Archivalien und die dortigen Signaturen der einzelnen Stücke recherchiert und aktualisiert. Ein Hauptschwerpunkt lag bei der Bearbeitung dieses Regestenbandes auf den Archiven in Marburg und Frankfurt. Im Hessischen Staatsarchiv Marburg befinden sich heute die Archivalien der ehemaligen Grafschaft Hanau, eines der Pfandherren der Stadt Gelnhausen. Besonders die im sogenannten „Weißen Buch der Burg Gelnhausen“ in kopialer Form überlieferten Stücke wurden erstmals regestiert und der lokalen, aber auch der landesgeschichtlichen Forschung somit zugänglich gemacht. Im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt lagern in Masse Archivalien, welche die engen politischen und familiären Beziehungen zwischen den beiden Reichsstädten verdeutlichen. Die meisten Stücke aus dem Frankfurter Institut für Stadtgeschichte, die in diesen Band Eingang fanden, wurden erstmals regestiert und erschlossen.
Durch diesen zweiten Band der „Gelnhäuser Regesten“ werden der Wissenschaft und dem interessierten Laien 1819 weitere Archivalien zugänglich gemacht. Damit liegen für die Stadt Gelnhausen insgesamt 2966 Regesten für den Zeitraum 1170 bis 1500 vor. Diese hohe Zahl überrascht, da alle genutzten Archivalien sich nicht in Gelnhausen selbst befinden, sondern über zahlreiche private, kommunale und staatliche Archive verstreut sind.
Wie schon im ersten Band der „Gelnhäuser Regesten“ wurde auch diesmal der Inhalt der Archivalien in Regestenform erfasst. Die Zeugen und Besiegler der Urkunden werden, soweit bekannt, aufgeführt. Es folgt eine Formalbeschreibung des jeweiligen Dokuments mit dem Nachweis der derzeitigen Aufbewahrung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausfertigungen und deren Verbleib. Anschließend daran werden die wichtigsten Editionen und gedruckten Regestenwerke aufgeführt, in denen die Archivalie abgedruckt wurde.
Selbolder Regesten von Michael Zieg
Selbolder Regesten 1108 – 1598
Das Prämonstratenserstift Selbold wurde im Jahre 1108 von Graf Dietmar von Selbold zum Seelenheil seiner verstorbenen Frau Adelheid gegründet und ursprünglich dem Augustinerorden unterstellt.
Nach dem Aussterben der Gründerfamilie in der Mitte des 12. Jahrhunderts, geriet das Stift in den Einflussbereich des Erzbistums Mainz, welches zu dieser Zeit versuchte, auch die Besitzungen der Grafenfamilie bei Gelnhausen an sich zu ziehen. Als Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1170 die Stadt Gelnhausen gründete und vom Erzbistum erworbenes Land, darunter das alte „Castrum“ der Selbolder Grafen, an das Reich zog, wurden auch die Grundlagen für die kirchlichen Verhältnisse in Gelnhausen neu gelegt. Der damalige Selbolder Propst Folbert war ein enger Vertrauter des Mainzer Erzbischofs Christian von Buch, der wiederum in einem engen Vertrauensverhältnis zum Kaiser stand.
Das Stift überstand den Untergang der Staufer und das folgende Interregnum relativ unbeschadet und wurde endlich 1343 zur Abtei erhoben. In den Jahren darauf zeigten sich erste Risse in der Ordensgemeinschaft, als die in Gelnhausen sitzenden Konventualen eine Appellation an den Papst sandten, um gegen den Selbolder Abt Klage zu erheben. Spätestens seit diesem Zeitpunkt muss von einem Gelnhäuser Zweitkonvent gesprochen werden. Die Gelnhäuser Familien Brumann, Steinhaus, von der Ecken oder Bünau, um nur einige zu nennen, entsandten ihre Söhne in das Stift, wo diese Pfarrer, Prioren oder Äbte wurden. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht versuchten die Gelnhäuser Konventualen eine eigenständige Basis zu schaffen. Dies verdeutlichen die erstmals in diesem Band regestierten zahlreichen Urkunden über Besitzungen des Stifts im Biebergrund.
Im Verlauf des 14. Jahrhunderts geriet das Stift immer stärker in Bedrängnis durch die späteren Grafen von Isenburg, die eben zu dieser Zeit ihre Anstrengungen verstärkten, das Reichsgericht Selbold ihrer Landesherrschaft einzugliedern. Die Auseinandersetzungen gipfelten im Überfall Johanns I. von Isenburg auf das Stift, von dessen Auswirkungen sich dasselbe nicht wieder erholen sollte.
Das 15. Jahrhundert war von einem zähen Ringen des Stifts mit dem Haus Isenburg geprägt. So war es sicher kein Zufall, dass es gerade dieses Stift war, welches von Kaiser Friedrich III. den Auftrag erhielt, alle Gelnhäuser königlichen und kaiserlichen Privilegien in einem kleinen Kopiar abzuschreiben, als die Stadt sich in einen langwierigen Rechtsstreit mit dem Grafen Diether von Isenburg begab.
Die Bauernunruhen zu Beginn des 16. Jahrhunderts lieferten dem Grafen Anton von Isenburg einen willkommenen Vorwand, das Stift zu säkularisieren und mitsamt seinen Besitzungen der Grafschaft einzugliedern. Der Todeskampf des Stifts währte knapp 20 Jahre, bevor im Jahre 1543 das Ende der Stiftung gekommen war. Mit den Besitzungen gingen auch sämtliche Archivalien in den Besitz der Familie Isenburg über, wo sie sich noch heute befinden. Es waren wieder die zum Teil schon reformierten ehemaligen Gelnhäuser Konventualen, die in dieser Periode dafür Sorge trugen, dass es dem Haus Isenburg nicht gelang, auch die Rechte des Stifts innerhalb Gelnhausens an sich zu ziehen.
Ähnlich erging es dem Reichsgericht Selbold. Nach dem Ende des staufertreuen Geschlechts der Herren von Büdingen in der Mitte des 13. Jahrhunderts, wurde es unter mehrere von deren Ganerben aufgeteilt. Durch den Erwerb Wertheimer Anteile im Jahre 1348 begann der langsame aber unaufhaltsame Aufstieg des Hauses Isenburg zum alleinigen Landesherrn. Deutlich wird dies vor allem dadurch, dass die ursprünglich reichsministeriale Familie „von Selbold“, die mehrfach den Schultheißen oder Zentgrafen in Selbold gestellt hatte, an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert die Heimat verließ und diese Positionen zukünftig ausschließlich mit Gefolgsleuten der Isenburger besetzt wurden. Am Ende des 15. Jahrhunderts war dieser Prozess abgeschlossen. Selbold – Dorf und Gericht – waren endgültig Teil der Grafschaft Isenburg geworden. Damit wurde eine staatsrechtliche und gesellschaftliche Ordnung begründet, die im Wesentlichen bis zum Ende des Alten Reiches Bestand haben sollte.
In diesem Band werden in 777 Regesten erstmals alle Urkunden und derzeit auffindbaren Korrespondenzen zur Geschichte von Prämonstratenserstift und Reichsgericht Selbold in den Jahren 1108 bis 1543 zusammengefasst. Die im fürstlichen Archiv zu Birstein befindlichen Kopiare von Stift (Kopiar 9573) und Gericht Selbold (Kopiar 9579) konnten erstmals seit vielen Jahrzehnten zur Bearbeitung herangezogen werden. Von den darin erhaltenen Archivalien wurden zum größten Teil Vollregesten erstellt, die über die kurzen Regesten Friedrich Battenbergs in seinen „Isenburger Urkunden“ in Masse deutlich hinausgehen.
Besonders die Spätphase des Stifts im 16. Jahrhundert kann somit erstmals detailliert dargestellt und einer Neubewertung unterzogen werden. Ergänzt werden die Birsteiner Bestände durch Archivalien der Staatsarchive Marburg und Würzburg. Über das Jahr 1543 hinausreichende Archivalien wurden nur dann aufgenommen, wenn diese für den Bearbeiter erreichbar waren und bearbeitet werden konnten. Sie dienen nur der Vervollkommnung des oben gezeichneten Gesamtbildes.
Eine besondere Bedeutung kommt sicher den in Marburg und Würzburg erhaltenen Prozessakten um eine durch den Mainzer Erzbischof beim Kaiser eingeforderte Restitution des Stifts zu, die aber letztlich erfolglos blieb. Das ehemalige Stift blieb Witwensitz Isenburger Gräfinnen, bis seine letzten Reste im 18. Jahrhundert weichen mussten, um der heutigen Schlossanlage Platz zu machen.